Missoula, USA Teil III

Morgens 04:30 Uhr. Grelles Licht, ein paar vereinzelte Seelen und Merchandise der Montana Grizzlies. Dazu der Duft von frischen Croissants und lieblichem Kaffee vom Kettlehouse, der ortsansässigen Rösterei. Die Augen sind noch klein, das Herz blutet und wir wissen nicht wohin mit unseren Gefühlen. Hier und da eine kleine Träne. Wir sind bereits am Flughafen und ich hacke diese Zeilen in den Laptop, während alles um uns herum so langsam erwacht. Erneut fällt uns der Abschied in Missoula so schwer…

Vier Wochen zuvor.
Als wären wir nie weg gewesen. Das Hostel hat sich kaum verändert. Der gleiche Geruch. Die gleiche Lichtstimmung. Es fühlt sich an wie zuhause. „Welcome Home Julia and Tom“ steht auf unserem Türschild. Wir sind zurück. MisSOUla.

Bereits am ersten Morgen geht es direkt los. Cleaning-Stuff und die Check-Ins der ersten Gäste vorbereiten. Wir haben ein Strahlen auf dem Gesicht. Das Grinsen wird noch größer als Chris, der Hostelchef, uns mit den Worten „the germans – oh my god – i missed you guys“ in den Arm nimmt. Die Sonne scheint. Alles ist gut. Nachdem die Arbeit getan ist, geht es direkt mit dem Fahrrad zum Fresh-Market. Einkaufen für die nächste Woche. Alles ist vertraut. Heimat. Was für ein Gefühl.

Wir vereinbaren Termine für die nächsten Tage. Freunde, Friseur und Nagelstudio. Chris ist für ein paar Wochen auf den Solomon Islands, um hier für ein armes Dorf eine Solarstation zu bauen. Wir leiten derweilen das Hostel. Er überlässt uns seinen alten Toyota Corolla. Das Auto ist übrigens immer offen und der Schlüssel liegt auf dem Beifahrersitz. So macht man das hier. Grundvertrauen. Der Corolla hat eine Persönlichkeit, daher haben wir ihn Gucci getauft. Mit Gucci erkunden wir halb Montana und fahren zu einem Bison-Reservat, das von Indianern betrieben wird und besuchen den Garten der 1000 Buddhas. Was für ein heiliger Ort. Ein Stück Tibet mitten in den Rocky Mountains. Wir sind ganz alleine, lassen entspannte Musik über unsere Box laufen und meditieren bei Sonnenschein eine Weile. Klingt kitschig…ist aber magisch.

Am nächsten Morgen gehen wir zum Hot Yoga. Als wir den Übungsraum betreten trifft uns ein Hitzschlag. Ich mit Mütze, da ich 1)  cool wirken möchte und 2) die Haare nicht gestylt habe. Doofe Idee. Das Wasser läuft uns nur so runter. 55 Grad. Man sieht kaum etwas. Nur ein paar halbnackte Körper. Es hat etwas sektenartiges und auch etwas perverses. Zumindest am Anfang. Als der Kurs anfängt, quält uns die drahtige Kursleiterin Jess eine Stunde lang. Die Schweißperlen zieren den ganzen Körper. Leicht eklig, aber wahnsinnig toll und effektiv. Wir fühlen uns wie Neugeboren. Jetzt schnell ab in die Dusche. Danach erwartet uns schließlich das Date mit Jenna.

Jenna haben wir letztes Jahr beim Billiard spielen kennengelernt. Sie ist so cool. Erneut treffen wir sie in einer Bar, schwelgen kurz in Erinnerungen, trinken Bier und stoßen darauf an, uns in ein paar Wochen in Deutschland wieder zu sehen, da sie mit ihrer Uni-Klasse Berlin einen Besuch abstattet. Jennas deutsches Lieblings-Wort ist übrigens Wischi-Waschi. Ganz „Wischi-Waschi“ sind wir auch, als sie uns zwei Konzerttickets für Theo Katzmann schenkt (100 Dollar), der diesen Abend in der „Wilma“ spielt. DIE Konzertlocation in Missoula. Zusammen mit ihr ziehen wir uns das Country-Konzert rein und genießen sowohl Musik, als auch das Publikum. Was für ein wertvoller Abend.

Die Leute in der Bäckerei und im Café ums Eck kennen uns bereits. Julia wird auf mysteriöse Weise erneut von einem Magneten in die ganzen Second-Hand-Shops gezogen und wir wandern nahezu jeden Hiking-Trail. Was für eine tolle Zeit. An Julias Geburtstag erwartet uns dann eines der Highlights auf der Reise. Wir fahren ins 1,5 Stunden entfernte Idaho entlang eines Gebirgspasses durch eine der schönsten Straßen der „Rockys“. Am Ausgangspunkt angekommen wandern wir über eine wackelige Holzbrücke, vorbei ein Fußstapfen von Bären, entlang durch die schneebedeckten Wälder. Es ist kalt, aber die Sonne wärmt uns. Nach 45 Minuten erreichen wir nun endlich die Hot Springs. Natürliche heiße Quellen. Wir kraxeln einen kleinen Berg hinunter und steigen direkt in die 42 Grad heißen Quellen. Direkt neben uns verläuft ein kalter Gebirgsfluss. Wir lehnen uns zurück, genießen die Wärme und den Blick auf den blauen Himmel und die Bäume, die uns umzingeln. Was für ein unvergessliches Erlebnis.

Die Highlights nehmen nicht ab. Am nächsten Tag besuchen wir ein Konzert von Arwen Baxter, einer jungen Dame, die wir letztes Jahr im Oktober kennengelernt haben. Sie spielt ein kleines Accoustik-Konzert im ZACC. Wir sind gefangen von ihrer einnehmenden Stimme, versinken im Moment und blicken in Gedanken auf unsere bisherige Reise zurück.

Die letzten Tage treffen wir noch Andrew mit seiner Freundin Suzanna in einem Irish-Pub, besuchen ein öffentliches Football Trainingsspiel der Montana Grizzlies und stehen sogar brav (mit Hand auf dem Herz) bei der Nationalhymne auf.

Der Abschied naht und wird uns noch schwerer gemacht, als uns Chris und seine Verlobten Caroline am vorletzten Abend zum Essen in ein Nobelrestaurant einladen. Zuvor frage ich ihn, ob wir uns schick anziehen müssen. Darauf antwortet Chris nur: „Tom, we are in fu**** Montana. The people go to Weddings in short trousers“. Ok, das sollte meine Frage wohl beantworten.

Der Abend ist wunderschön. Die Gespräche wertvoll, daher geht es nach dem Restaurant noch in eine Hipster-Bar ein paar Cocktails schlürfen. 6 Stunden voller gegenseitiger Liebe und Respekt. Hiervon werden wir noch sehr lange Kraft zerren.

Am letzten Tag erledigen wir jeden Handgriff bei der Hostelarbeit mit leichter Trauer und fahren demütig unsere Lieblingsplätze noch einmal mit dem Rad ab. Der Abschied fällt sehr schwer. Am späten Nachmittag verabschieden wir uns von Chris. Nach einer intensiven Umarmung sagt er zu uns: You both have so much light in your eyes. Keep it always and spread it. This is not a goodbye cause you will always have a home in Montana.

Am letzten Abend lädt mich Julia noch in mein Lieblingsrestaurant Finn am Blackfoot-River ein und wir stoßen auf einen der schönsten Monate in unserem Leben an.

10 Kommentare zu „Missoula, USA Teil III“

  1. Awww, da steckt so viel Herz in dem Artikel. 🫶🏻
    Super schön geschrieben. Freut mich total, dass ihr ein zweites Zuhause in Missoula gefunden habt und für immer haben werdet.
    Genießt die restliche Zeit. Bis bald 😊

  2. Marion Dehnhardt

    „You are the best Commentator“ Tom (sehr witzig geschrieben 😂).
    Beautiful Pictures 😃
    Viel Spaß Julia B. und Tom weiterhin wünscht euch die Marion 🥳

  3. Oh Gott, ich spüre den Abschiedsschmerz richtig mit!
    Für uns ists ja in gewisser Weise auch einer, weil jetzt die tollen Berichte erstmal langsam enden 😭
    Aber ich freu mich, euch beide bald live zu treffen und die Geschichten zu hören 😍

  4. Ich muss gestehen , es sind schon ein paar kleine Tränen geflossen, als ich diesen Blog gelesen habe. Da ist sogar mir irgendwie der Abschied schwer gefallen – so viele Emotionen ! Danke das wir an Eurer Weltreise teilhaben durften – die mega tollen Fotos und die mit viel Liebe geschriebenen Blogeinträge …. Ich bin schon ein wenig traurig, sollte es nun vorbei sein, ich hab mich schon immer so auf sono-kiwi gefreut – welcome home ❤️ Sabine

    1. So schöne Worte 😘
      …aber ein paar Kleinigkeiten müssen noch erzählt werden. 😎 Somit war das noch nicht der letzte Artikel.

      Wir schicken euch einen Drücker 😘

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