Kambodscha

Die Ausbildung dauert nur ein Jahr. Anschließend steht bereits die Abschlussprüfung vor der Tür. Sie bekommen trotz der harten Arbeit kein Gehalt, sondern nur Bananen – an besonderen Tagen auch Peanuts. Die Arbeitszeit ist täglich von 6:00 Uhr – 09:00 Uhr. Danach folgt eine Woche Urlaub. Nach sechs Jahren können sie endlich in Rente gehen. Ab dem 9ten Lebensjahr wird dann meist mit dem Ableben gerechnet. All das beschreibt das Leben der sogenannten Apopo Helden-Ratten. Ihr Auftrag: Landminen finden. Mit einem Gewicht von 2,5 Kilo sind sie so leicht, dass die Minen nicht detonieren. Mehr als 2 Millionen Mienen sind noch aktiv. Wir sind in Kambodscha, einem der ärmsten Länder der Welt.

Während der einstündigen Fahrt vom Flughafen zum Hotel erzählt der Fahrer von der Abneigung der Kambodschaner gegenüber den Vietnamesen, der Abhängigkeit von China und dem Bürgerkrieg in den 70er Jahren, in dem über 3 Millionen Menschen starben (bei einer Gesamtbevölkerung von 7 Millionen). Drückende Stimmung.

Im Hotel herrscht hingegen Love, Peace and Unity. Wir nächtigen in einer Art Selbstheilungs-Retreat Hotel. „Healthy Vegan Food“, Achtsamkeitsseminare sowie Yoga- und Klangbad-Meditationen runden das Programm ab. Es fehlt nur noch Julia Roberts, die hier gerade den zweiten Teil von „Eat Pray Love“ dreht. Es sind vermehrt Frauen zwischen 40-50 in dem Hotel. Yogapants von Lululemon hier und da. Die wenigen Männer sehen immer so aus, als kommen sie gerade aus einer Meditationssitzung. Viele tragen keine Schuhe, es läuft Entspannungsmusik und afrikanische Deko-Elemente zieren die Lobby. Heile Welt.

In der ersten Nacht haben wir direkt wieder gemerkt, dass wir tendenziell eher Stadtkinder sind, als sich eine große Eidechse (wir haben sie Timo genannt…das macht es leichter) sich in unserem Schlafzimmer einnistet. Vor der Tür hausen nachts Affen und werfen meine Sneakers durch die Gegend (ihnen haben wir keine Namen gegeben).

Kambodscha ist rauer, ärmer, aber selbstbewusster und ehrlicher als Vietnam. Viele abgemagerte Kühe und Hunde begleiten unsere Wege mit dem TukTuk (Hauptverkehrsmittel der Kambodschaner) fernab des touristischen Zentrums von Siem Reap. Im Gegensatz zu den anderen Destinationen unserer bisherigen Asienreise sind wir nun keine Reisende mehr…sondern Touristen. Und zu einem ordentlichen Touri-Programm gehört in Kambodscha natürlich auch eines der Sieben Weltwunder, nämlich Angkor Wat.

Mehr als 1000 verschiedene Tempel verteilt auf über 200 Quadratkilometern. Das Areal scheint endlos. Wir erkunden zusammen mit einem Fahrer die imposanten Bauten, die uns weitaus mehr begeistern, als die Pyramiden der Maya oder die Tempelanlagen in Indonesien. Bei einer Sonnenaufgangstour (Start 04:00 Uhr nachts) mit Blick auf den größten Tempel der Anlage fängt uns sofort die Magie ein. Alles ist still. Dennoch werden unzählige Fotos und Selfies geknipst. Das Orange der Gewänder der Mönche, die zwischen all den Touristen ihren Aufgaben nachgehen, verschmelzt mit den Pink- und Rottönen der aufgehenden Sonne. Was für ein schönes „Gemälde“.

Die meisten Touristen bleiben durchschnittlich nur 2-3 Tage in Kambodscha, da das Land fernab von Angkor Wat nur wenig Highlights bietet. Wir geben dem Land noch ein paar mehr Tage die Chance und erkunden den Stadtkern und die eingangs beschriebenen Apopo-Ratten.

Nach ein paar Tagen leidet Julia unter einem Gürtelrosen-Infekt. Da die ärztliche Versorgung in Kambodscha nicht gut ist, stornieren wir unsere Weiterreise nach Laos und fliegen spontan wieder nach Hause. Mittlerweile ist alles wieder im Lot. Die Entscheidung war dennoch richtig. Zum Abschluss haben wir noch ein intensives Gespräch mit dem Taxi-Fahrer, der uns zum Flughafen bringt. „Thank you so much for visiting our country“ sagt er zu Beginn der Fahrt aus tiefstem Herzen. 70 % weniger Touristen kommen seit Covid nach Kambodscha. Zudem haben die Chinesen ihnen einen neuen Flughafen gebaut, der zugleich jedoch eine starke Abhängigkeit mit sich bringt, da nur wenigen Airlines aus Europa und Asien das „Landen“ erlaubt wird. Auf der Anzeigetafel im Flughafen stehen nur 6 Flüge an diesem Tag.

Alle fünf Jahre steht die Wahl der Regierung an. Aufgrund der Korruption im Land, herrscht jedoch seit 40 Jahren die gleiche Führung. Der Fahrer verdient im Monat ungefähr 400,00 Euro. Die Highschool seiner beiden Kinder kostet zusammen 500,00 € für drei Monate. Er lebt nur um zu arbeiten und seinen Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen.

Mit vielen Eindrücken und ganz vielen Highs und ein paar kleinen krankheitsbedingten Lows fliegen wir nach vielen Wochen wieder zurück nach Deutschland. Unzählige Eindrücke, die nun verarbeitet werden müssen, viele intensive Momente, die wir in unseren Gedanken abspeichern und tolle Menschen, an die wir uns immer erinnern werden.

6 Kommentare zu „Kambodscha“

  1. Schön zu hören, dass Ihr trotz Blessuren wieder gut gelandet seid.
    Der Kambodscha Bericht ist sehr schön, ich bin immer wieder auf‘s Neue begeistert.

    Gut das es Julia wieder besser geht….ein wenig Ruhe und Schonung tut sicherlich jetzt ganz gut.

    Der nächste Weltenbummlerausflug steht wohl schon fest ? Die Spannung steigt… wo geht’s hin ?

  2. Ich hätte Timo auch gerne kennengelernt 🙂
    Sehr tolle Bilder und schöne Geschichten, freu mich, wenn du sie uns in echt erzählst.
    Zum Glück sind wieder alle gesund.
    Willkommen zuhause 🤗

  3. Marion Dehnhardt

    Freut mich, wieder von dir Tom und Julia weitere Highlights und Fotos von fernen Ländern zu sehen und darüber zu lesen 🥳
    Ohje, hoffe es geht Julia wieder besser 🥴
    Man sieht sich 🧐
    Viele Grüße von eurer Marion 🧚

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